Ich war eine Woche alleine wandern – und das ist passiert
Alleine Wandern: hat schon was von Reese Witherspoon in "Wild"
Alleine verreisen – das war für mich bis jetzt immer so reizvoll wie eine Brustverkleinerung für Kim Kardashian. Ein absolutes No-Go also. Trotzdem wollte ich es mir irgendwie beweisen. Es kann ja wohl nicht sein, dass man als erwachsener Mensch nur mit seinem Freund, der BFF oder der Schwester Spaß im Urlaub haben kann.
Challenge accepted! Ich entschied mich aber nicht für irgendeinen Städtetrip oder ein piekfeines Wellness-Hotel. Nein, ich wollte wandern gehen. Birgit goes into the wild. Und das ganz alleine. Just Me, Myself and I. Ok, ein vollgepackter Rucksack und gute Wanderschuhe sollten auch mit. Damit ich auch ja keinen Rückzieher mehr machen konnte, buchte ich direkt die An- und Abreise, besorgte mir eine Wanderkarte, suchte mir eine passende Route und machte die Zimmer für jede Nacht klar. Nicht dass ich nach einer Tageswanderung vor verschlossenen Hütten- oder Hoteltüren stehe.
Und so war’s:
Das schlimmste war die Zugfahrt. Hier wurde mir die bevorstehende Woche erst richtig bewusst: Was, wenn ich den Weg nicht finde oder mich total einsam fühle? Diese Bedenken wurden aber direkt bei Kilometer eins weggewischt. Ich hatte Spaß, war hochmotiviert und wanderte fröhlich frisch durch die Wälder. Nichts konnte mich stoppen, ich war in vollem Einklang mit der Natur und sie auch mit mir. Meine Gedanken waren im Flow und ich konnte endlich mal durchatmen und runterkommen. Ebenfalls netter Nebeneffekt: Ich merkte, dass ich auch allein klar komme und alles schaffen kann, was ich mir eigentlich gar nicht zugetraut hätte: Der Weg ist nicht ausgeschildert und keinen Plan, wie es jetzt weitergehen soll? Nach einer kurzen Panikattacke atmete ich tief durch, beruhigte ich mich und fand die richtige Abzweigung. Klar, Verzweifeln, Heulen oder die Verantwortung auf jemand anderen abwälzen ist nicht – man muss ja schließlich weitermachen und ankommen. Und das klappt! Man wird der Meister im Selbstmotivieren, Durchhalten und Weitermachen.
Aber ich mach euch nichts vor. Schon an Tag 2 taten meine Füße weh, die ersten Blasen machten sich breit und ich fühlte mich lost. Auf Weiterlaufen hatte ich so gar keine Lust. Jeder Schritt schmerzte und mein Rucksack war plötzlich auch so schwer. Mysteriös! Jetzt aber einfach im Hotelbett liegen bleiben? No way! Die Kilometer laufen sich schließlich nicht von alleine. Und glaubt es oder glaubt es nicht, nach kurzer Zeit lief es wieder. Und das sehr gut sogar. Die Schmerzen waren weg und mit ihnen auch die negativen Gedanken. Für die hat man während des Wanderns btw eh keine oder wenig Zeit. Man muss ja schließlich den geplanten Weg finden, die Karte richtig lesen und die korrekte Abzweigungen nehmen. Für mich als Großstadtmädchen und Kartenlese-Niete schon eine Herausforderung.
Kleine “Zusammenbrüche” sind normal. Wir sind es schließlich gewöhnt, uns mit Netflix, Tinder or whatever abzulenken und sind so eigentlich nie mit unseren Gedanken allein. Beim Wandern ist das anders. Man ist ständig in Bewegung, muss funktionieren und weitermachen. Aber genau das ist auch das Gute: Man beisst sich durch und lernt sich so auf eine ganz andere Weise kennen.
Fazit:
Ich mache euch nichts vor: alleine wandern ist ist kein netter Strandurlaub mit Cocktail und Schirmchen. Kleine und kurze Aussetzer, Anfälle von Panik und akute Lustlosigkeit sind normal. So schnell wie die kommen, gehen sie aber auch wieder.
Ich sehe mich seit meinem Trip mit anderen Augen und habe eine neue, coole Seite an mir kennengelernt. Man “freundet” sich mit sich selber an und weiß sich besser zu schätzen. Seid ihr am Ziel angekommen, werdet ihr mit einer Portion freshem Selbstbewusstsein und Stolz belohnt. Trotzdem solltet ihr beim Wandern all by yourself einiges beachten. Hier mal eine Checkliste, die ihr euch unbedingt hinter die Löffel schreiben solltet.
Wichtig beim alleine Wandern:
– Sucht euch eine Strecke, die nicht zu schwer ist und auch ungeübt machbar ist. Kennt ihr euch gar nicht aus und wisst nicht, wo ihr hingehen könnt, informiert euch beim Alpenverein oder in Touristenbüros.
– Checkt immer die aktuelle Wetterlage.
– Sagt euren Lieben zu Hause ganz genau wo ihr langlauft und wo ihr übernachten wollt.
– Achtet darauf, dass euer Handy immer genügend Akku hat (Google Maps ist superwichtig).
– Scheut euch nicht, andere Leute nach dem Weg zu fragen. Ich habe damit nur gute Erfahrungen gemacht und sogar kleine Geheimtipps entdeckt, die ich sonst nicht gefunden hätte.
– Vertraut euch und eurem Instinkt. Das ist am ersten Tag noch etwas schwierig, wird aber immer leichter. Trust me!